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COVID 19 und wie die aktuelle Pandemiekrise illegalisierte Personen betrifft
Aufruf für Legalisierung und Solidarität
„Wir gehen gerade alle durch einen sehr schwierigen ökonomischen Moment, denn wir leben von der täglichen Arbeit, um unser Zimmer zu bezahlen und um uns mit Essen zu versorgen und in meinem Fall, auch um meine Tochter zu versorgen. In der Woche finde ich nur ein oder zwei Jobs. Deswegen sind wir sehr besorgt, denn wir haben keine Papiere. Wir sind illegalisierte Menschen. Wir haben keine anderen Mittel, Geld zu verdienen. Es ist frustrierend für uns. Wir wissen nicht, wie lange das Virus dauern wird. Wir sind besorgt, denn wir alle gehen Risiken ein.“
(O-Ton einer Betroffenen)
Viele Menschen leben illegalisiert in Deutschland. Die Gründe sind vielfältig: Vielen von ihnen wurde politisches Asyl verweigert. Aus Angst vor Repression in ihren Ländern entschieden sie sich, in den Untergrund zu gehen. Andere sind als Tourist*innen gekommen und haben beschlossen, hier zu bleiben, um zu arbeiten und ihren Familien in ihren Herkunftsländern zu helfen.
Die Ursache dieser Situation ist die Ungleichheit zwischen dem Globalen Süden und Norden. So wie viele Europäer*innen in Krisenzeiten nach Lateinamerika ausgewandert sind, wandern auch heute Menschen auf der Suche nach einem besseren Leben aus oder fliehen vor Unterdrückung.
Die Respect-Initiative macht seit mehr als 20 Jahren in Berlin auf die Situation von Frauen ohne Papiere aufmerksam, ist mit ihnen solidarisch und unterstützt sie konkret.
Der Kampf für Gesundheitsversorgung für Menschen ohne Papiere geht weiter …
Zusammen mit dem Netzwerk Solidarity City waren wir in den letzten Jahren in einer Kampagne aktiv, um einen anonymen Krankenschein zu fordern und damit Zugang zur Gesundheitsversorgung für Leute ohne Papiere.
Der Berliner Senat hat zwar inzwischen eine Clearingstelle eingerichtet, um Menschen ohne Krankenversicherung den Zugang zu Gesundheitsversorgung zu ermöglichen. Wir mussten nur leider feststellen, dass dieser Zugang bisher sehr bürokratisch und mangelhaft ist. Auch jetzt, in Zeiten von COVID-19, hat sich die Clearingstelle für Menschen ohne Papiere nicht besonders engagiert und sie zum Beispiel nicht über ihre Rechtslage unter dem Infektionsschutzgesetz informiert. Allerdings hat der Senat am 17. April auf Proteste reagiert und eine Regelung verkündet, die es nun erlaubt, dass Menschen ohne Krankenversicherung zu allen Berliner Hausärzt*innen gehen und sich behandeln lassen können. Dafür müssen sie zuerst bei der Clearingstelle einen Kostenübernahmeschein beantragen. Das ist ein Fortschritt, der auf jeden Fall nach Corona-Zeiten beibehalten werden muss. Wie das in der Praxis funktionieren wird, wird sich allerdings erst zeigen. Abgesehen davon ändert diese neue Politik nichts an der Situation einer sehr umständlichen Bürokratie für diejenigen, die ernsthaft erkranken und Fachärzt*innen brauchen oder ins Krankenhaus müssen.
Weiterhin fehlt es bisher an zugänglichen Informationen in allen notwendigen Sprachen. Und es gibt keine Informationen darüber, was zu tun ist, wenn illegalisierte Menschen COVID-19-Symptome haben. Ebenso fehlen Informationen darüber, wo sie sich testen lassen können und ob sie befürchten müssen, dass ihre Daten der Ausländerbehörde übergeben werden, falls sie das Virus haben.
Die Care-Arbeiter*innen ohne Papiere stehen jetzt vor dem Nichts
Illegalisierte Menschen arbeiten hauptsächlich im Dienstleistungssektor. Migrantinnen übernehmen die Haus-, Sorge- und Pflegearbeit, die viele Menschen mit besseren wirtschaftlichem Lebensbedingungen selbst nicht mehr leisten, wodurch sie dann Zeit für ihre Erwerbsarbeit haben. Menschen ohne Papiere kümmern sich um Kinder, sie holen sie von der Schule ab, bringen sie ins Bett, wenn die Eltern ins Kino oder auf eine Party gehen, putzen die Häuser, bügeln, kochen in Restaurants, machen sauber in Hotels, arbeiten auf dem Bau usw.
Jetzt, da die Priorität Isolation ist, bleiben die arbeitgebenden Familien zu Hause. Schulen und Kinos sind geschlossen und illegalisierte Arbeiter*innen werden nicht mehr gebraucht. Die Arbeitgeber*innen haben ihnen meist mitgeteilt, dass sie ihre Arbeit nicht mehr benötigen. Alle uns bekannten illegalisierten Arbeiterinnen wurden ohne jegliche Unterstützungsangebote entlassen.
Darüber hinaus wagen die Menschen ohne Papiere nicht, auf die Straße zu gehen, aus Angst, kontrolliert zu werden, insbesondere wegen der massiven, beängstigenden Polizeipräsenz auf den Straßen. Viele der Illegalisierten sind völlig isoliert in der ständigen Unsicherheit, einige leiden an Depressionen. Sie sind zur Zeit nicht in der Lage, nach anderen Jobs zu suchen und müssen mit der täglichen Sorge leben, wie sie ihre Miete in den kommenden Monaten bezahlen werden. Hinzu kommt für viele die Sorge um ihre Familien in ihren Herkunftsländern. Für sie gibt es keine staatliche Unterstützung, weil sie für den deutschen Staat offiziell nicht existieren.
Sichtbar machen und solidarisch sein!
Diese Krise hat bestehende soziale Ungleichheiten aufgedeckt und verschärft.
Deshalb muss sichtbar gemacht werden, dass diese Krise uns alle betrifft, aber nicht in gleicher Weise. Wieder einmal bleibt die Situation illegalisierter Menschen unsichtbar.
Auf Wunsch der illegalisierten Frauen, mit denen wir in Kontakt sind, möchten wir alle Organisationen, Initiativen und Menschen auffordern, sich an einem Aktionstag zu beteiligen, um die Legalisierung der Menschen ohne Papiere zu fordern.
Wir glauben, dass es in Zeiten, in denen viel Verantwortung und Solidarität von uns verlangt wird, extrem wichtig ist, zu fordern, dass illegalisierte Menschen nicht auf die Strecke bleiben. Denn auch für sie muss die Idee einer solidarischen Gesellschaft gelten! Die aktuelle Krise zeigt umso deutlicher, dass niemand aus grundlegenden sozialen Rechten ausgegrenzt werden darf!
Wir fordern die Legalisierung aller Menschen, die in Deutschland leben.
Wir fordern unbeschränkten und gleichberechtigten Zugang zur Gesundheitsversorgung für alle Menschen, die in Deutschland leben.
Wir laden alle antirassistischen Initiativen/Gruppen und Einzelpersonen ein, am Aktionstag teilzunehmen.
Dieser findet am Samstag, den 25. April, den ganzen Tag über statt.
Wie?
- Selfies mit Demoplakaten oder Videos, in denen ihr erklärt, warum die Kampagne wichtig ist, unter dem Hashtag #LegalisierungJetzt posten
- Nutzt den Flyer als Profil in den soziale Medien
- Ihr könnt unsere Forderungen unterstützen, indem ihr unseren Aufruf unterstützt mit eurem Namen bzw. dem Namen eurer Organisation
Unsere Forderungen werden die Regierenden vermutlich vorerst nicht erfüllen. Deswegen starten wir hiermit eine Spendenkampagne zur Unterstützung illegalisierter Arbeiter*innen.
Spendet an:
Respect Initiative Berlin
Verwendungszweck: Solivirus
DE34 8306 5408 0004 9035 60
BIC GENO DEF1 SLR
Deutsche Skatbank
Achtung: Es gibt leider keine Spendenquittungen!!!